Aus dem Leben des Moskauer Patriarchats

der Russisch Orthodoxen Kirche

 

OSTERBOTSCHAFT

des Patriarchen Aleksij II
von Moskau und der Ganzen Rus'

 

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Christus ist auferstanden!

Osterbotschaft an alle Kinder der heiligen Mutter-Kirche

 

Im Herrn geliebte, hochgeweihte Erzhirten, ehrenhafte Hirten, ehrwürdige Mönche und Nonnen, fromme Laien - Kinder unserer heiligen Mutter Kirche! In der Liebe Christi des Auferstandenen gratuliere ich euch, meine Lieben, von ganzem Herzen und jubelnder Freude zu dem größten Fest, zur lichten Auferstehung Christi!

Österliche Freude erfüllt wieder unsere Seelen und Herzen. Alle unsere Gedanken und Gefühle werden abermals von dem überirdischen Licht Christi überstrahlt. Der Apostel Matthäus berichtet uns, wie der Engel des Herrn vom Himmel herabkam, den Stein vom Eingang des Grabes wegrollte und zu Maria Magdalena und der anderen Maria sagte: "Fürchtet euch nicht, denn ich weiß, daß ihr Jesus den Gekreuzigten sucht; Er ist nicht hier. Er ist auferstanden, wie Er gesagt hat. Kommt und seht den Ort, wo der Herr gelegen hat, und geht rasch zu Seinen Jüngern und sagt ihnen, daß Er auferstanden ist von den Toten und euch nach Galiläa vorausgeht; dort werdet ihr Ihn sehen (Mt. 28, 5-7). Der Apostel Johannes der Theologe bezeugt: Am ersten Tag der Woche kam der Herr am Abend zu den Jüngern bei verschlossenen Türen und sagte zu ihnen: "Friede sei mit euch! Und nachdem Er das gesagt hatte, zeigte Er ihnen Hände und Füße und Seine Seite. Die Jünger wurden froh, als sie den Herrn sahen. und abermals sagte Jesus zu ihnen: Friede sei mit euch! ...Als Er das gesagt hatte, hauchte Er sie an und spricht: Nehmt hin Heiligen Geist (Joh. 20, 19 22).

Die Auferstehung Christi hat auf wunderbare Weise die seelische Verfassung der Apostel und Schüler des Herrn verändert. Ihre tiefen Zweifel, ja sogar Unglaube, wandelten sich zu unerschütterlichem Glauben, Furcht - in Sicherheit und Mut, Skepsis in zweifelsfreie Hoffnung...

Doch verwandelt nicht auch uns die Auferstehung Christi von Grund auf, die wir am Ende des zweiten Jahrtausends nach der Geburt des Weltenheilands leben?

Wahrlich, auch für uns ist Ostern Quelle der Freude und besonderer Inspiration! Vor des Herrn Ostern erstreckte sich der lange Weg der großen Fasten, die mühevolle Zeit der Buße und intensiver Gebete. Denn die lichte Auferstehung Christi sollen wir mit leuchtendem Antlitz und einer von aller Unreinheit geläuterten Seele erleben. Der Heilige Philaret, Metropolit von Moskau, sagt in seinem Osterwort: "Hinter den Engeln treten wir ein in den Triumph der Auferstehung Christi; wer mit reinem Herzen feiert, der feiert mit den Engeln. Wer in Liebe zu Gott und dem auferstandenen Christus und im Geiste der Bruderliebe feiert.. . der feiert in der Gemeinschaft mit der himmlischen Kirche, denn der Himmel ist nichts anderes als das Reich der göttlichen Liebe."

Liebe Brüder und Schwestern! Alles soll in unserem Leben im Geiste göttlicher Liebe geschehen - "in Liebe zu dem auferstandenen Christus und im Geiste der Bruderliebe". Gott, der Herr, gebiert uns durch die Auferstehung Jesu Christi wieder, wie der heilige Apostel Petrus in einem seiner Briefe schreibt (1 Petr 1.3). Durch Christi Ostern eröffnet sich uns gewissermaßen jedesmal ein neuer Abschnitt unseres Lebens. Der auferstandene Christus erneuert uns und schenkt uns frische Kräfte für alle unsere Werke, die großen wie die kleinen. Der heilige Bekenner Tihon, Patriarch von Moskau, mahnt: "Unser Glück und unsere Seligkeit haben Bestand im Tun des Wortes Gottes, in der Erziehung unserer Kinder in den Geboten des Herrn." Die Gründung einer orthodoxen Familie, die Vermittlung der Gebote des Evangeliums an die Kinder und jungen Leute, die Arbeit mit den jungen Soldaten, der nicht leichte Einsatz bei der Betreuung der Nächsten in den Krankenhäusern, Waisenhäusern, Altersheimen und Vollzugsanstalten - all das wie auch vieles andere stellen wir "aus Liebe zu dem auferstandenen Christus und in Geiste der Bruderliebe" leisten.

In Hoffnung und Vertrauen wende ich mich an alle, die jetzt jung, stark und Gesund sind: Achtet und ehrt das Alter. Ein fürsorglich er und behutsamer Umgang mit den Betagten ist die Erfüllung des Liebesgebotes gegenüber dem Nächsten (Mt 22, 39).

Zu unserem großen Schmerz erleben wir Ostern nicht das erste Mal in dem letzten Jahrzehnt unter so schwierigen menschlichen Bedingungen. Aber bei allen zeitweise extremen Schwierigkeiten müssen wir orthodoxe Christen immer - wie uns der heilige Apostel Paulus lehrt - "die Gebrechlichkeiten der Schwachen tragen" (Röm. 15,1). Es ist unsere hohe sittliche Pflicht, Mut und

Standhaftigkeit zu zeigen, nicht der Resignation zu verfallen, sondern - durch die Gaben des Passah Christi gestärkt - für jene eine Stütze zu sein, die besonders leiden. Wir haben die kirchliche Einheit heilig zu halten und allen Menschen, den Gläubigen wie den Ungläubigen, den Gerechten wie den Sündern, die Hand zu brüderlicher Unterstützung zu reichen. Uns obliegt der Einsatz zur Verklärung dieser Welt, der sie mit Eintracht, Gerechtigkeit, Liebe und Schönheit erfüllt. Und dieser Einsatz verspricht nicht leicht und von kurzer Dauer zu sein. Aber nur er vermag durch die Gnade Gottes die jetzigen Nöte und Mißstände zu überwinden, Feindschaft und Spaltung zu heilen, uns von Depression und Verzweiflung zu erlösen. Möge der auferstandene Herr uns auf diesem Wege beistehen, der, wie ich glaube, Wiedergeburt und Gedeihen unserer Gesellschaft bringen wird.

Meine Geliebten! Christi Licht der Auferstehung ist die größte Manifestation der Liebe Gottes zu den Menschen, denn "Christus hat uns geliebt" (Eph. 5,2). Auch wir sollen Christus wieder lieben und "einander liebhaben, denn die Liebe ist von Gott, und wer liebhat... kennt Gott"(l Joh. 4,7). Hochgeweihte Erzhirten, ehrwürdige Hirten, ihr habt ein feierliches Gelübde auf Lebenszeit geleistet, um in der Liebe Christi das gläubige Volk, eure Herde, zu betreuen und bis ans Ende eurer Tage dessen eingedenk zu sein, daß auf dem Priesterkreuz, das euch bei der Priesterweihe angelegt wurde, die gottweisen Worte des Apostels eingraviert sind: "Sei ein Vorbild den Gläubigen im Wort und Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben und in der Keuschheit" (1Tim. 4,12). Ihr aber, unsere orthodoxe Herde und treuen Kinder der heiligen Kirche, sollt zu euren Hirten in Liebe stehen und die apostolische Mahnung in euren Herzen bewahren: "Gehorcht euren Lehrern und folget ihnen; denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen, auf daß sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen..." (Hebr.13,17).

Unsere heilige Kirche umfängt mütterlich alle ihre Kinder, wo und wer sie auch immer seien und in welcher Sprache sie auch reden. Das Wort der Mutter-Kirche wird von allen verstanden, denn es ist ein Wort mütterlicher Liebe.

Als Vorsteher der Kirche wende ich mich abermals und wiederum an euch, Erzhirten und Mitbrüder, geliebte Väter, Brüder und Schwestern, mit frohen, österlichen Segenswünschen, mit Worten der Liebe Christi, des Auferstandenen! Ostern ist der Sieg Christi des Erlösers über den Tod und die Hölle, über Feindschaft und daß, es ist der Liebe und des Friedens größter Triumph. Nach einem Bekenntnis des heiligen Bischofs Johannes Chrysostomos ist es für alle "ein Festmahl des Glaubens" und "ein Reichtum an Güte!"

Geliebte! Von ganzem Herzen und ganzer Seele wünsche ich einem jeden von euch, ein würdiger Teilhaber am "österlichen Festmahl des Glaubens", dieses lichtübertrahlten geistlichen Festes voller Liebe und Frieden zu sein! "Der Auferstehungstag lasse uns licht werden im Triumph und einander umarmen. In der Liebe des auferstandenen Herrn wollen wir einander grüßen:

 

Christus ist auferstanden!

Er ist wahrhaftig auferstanden!

+ ALEKSIJ, Patriarch von Moskau und ganz Rußland

Ostern Christi 1999, Moskau

 

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