Aus dem Leben des Moskauer Patriarchats

der Russisch Orthodoxen Kirche

 

Weihnachtsbotschaft

7. Januar 2013. Weihnachtsbotschaft S.H. Kyrill, Patriarch von Moskau und ganz Russland (2013)

 

Weihnachtsbotschaft Seiner Heiligkeit Kyrill,
des Patriarchen von Moskau und ganz Russland, an die Bischöfe, Priester, Diakone, die Mönche und Nonnen und alle treuen Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche

Im Herrn geliebte hochgeweihte Bischöfe, ehrwürdige Priester und Diakone, ihr gottliebenden Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

Heute preist die Kirche strahlend und freudig das Geheimnis der Geburt unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus von der Allreinen Jungfrau Maria.

Der Schöpfer, welcher Seine Schöpfung liebt, ist offenbart im Fleisch, wurde Mensch, der allenthalben ist gleichwie wir, doch ohne Sünde(vgl. 1 Tim. 3:16, Hebr. 4:15). Als Kind liegt Er in der Krippe zu Bethlehem. Er tut dies, um die Welt vor geistlichem und moralischem Niedergang zu erretten, den Mensch von der Furcht vor dem Tod zu befreien. Der Schöpfer bietet uns die größte aller Gaben: Seine Göttliche Liebe, die Fülle des Lebens. In Christus werden wir fähig, eine Hoffnung zu fassen, welche die Furcht überwindet, wir können Heiligkeit und Unsterblichkeit erlangen.

Er kommt in unsere von der Sünde gepeinigte Welt, um mit Seiner Geburt, Seinem Leben, dem Leiden, dem Tod am Kreuze und Seiner ruhmreichen Auferstehung ein neues Gesetz, ein neues Gebot zu errichten: das Gesetz der Liebe. „Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, auf dass auch ihr einander liebhabet“ (Joh. 13:34) – diese Worte richtet der Herr an Seine Schüler, und durch sie an die ganze Welt: sowohl an die, welche in jener Zeit gelebt haben, als auch an die heute Lebenden und die, welche nach uns leben werden, bis ans Ende der Zeiten. Jeder Mensch ist berufen, auf dieses Gebot durch seine Taten zu antworten. So wie auch Christus uns wahrhaftige Gnade und grenzenloses Nachsehen mit unseren Schwächen gezeigt hat, so müssen auch wir gnädig und nachsichtig mit den Menschen umgehen. Man darf sich nicht allein um die eigenen Verwandten und Nahestehende kümmern, auch wenn man zuerst für diese zu sorgen hat (vgl. 1 Tim. 5:8), nicht nur um unsere Freunde und Gleichgesinnte, sondern auch um die, welche bislang noch keine Einigkeit mit Gott gefunden haben. Wir sind dazu berufen, in unserer Liebe dem Heiland nachzueifern, für die zu beten, welche uns bedrängen und verachten (vgl. Matth. 5:44), immer das Wohl des ganzen Volkes, des Vaterlandes und der Kirche im Sinn zu haben. Jeder von uns ist durch das Wirken guter Taten dazu in der Lage, die uns umgebende Wirklichkeit wenigstens ein kleines Stück zum besseren zu wenden. Nur auf diese Weise werden wir gemeinsam stärker. Denn die Gesetzlosigkeit ist nicht imstande, die Liebe zu bezwingen, so wie auch die Dunkelheit nicht das Licht des wahren Lebens zu verschlingen vermag (vgl. Joh. 1:5).

In der Geschichte unseres Vaterlandes gibt es eine Vielzahl von Beispielen dafür, wie unser Volk im Vertrauen auf Gott Schwierigkeiten gemeistert und in den schlimmsten Prüfungen würdig bestehen konnte.

Vieler dieser Ereignisse gedachten wir im vergangenen Jahr. Wir feierten den 400. Jahrestag des Endes der Zeit der Wirren (Smuta, russ. смутное время), welche durch eine Vertreibung der Invasoren und der Wiederherstellung der nationalen Einheit zu Ende ging. Gleichfalls begingen wir den 200. Jahrestag des Vaterländischen Krieges von 1812, in dessen Verlauf unsere Vorfahren in der Lage waren, der Invasion durch die „zwölf Nationen“ – einer riesigen Armee, die Napoleon aus dem gesamten von ihm unterworfenen Europa gesammelt hatte – zu widerstehen.

Das Jahr 2013 wird durch die Feierlichkeiten zum 1025. Jahrestag der Taufe Russlands durch den heiligen apostelgleichen Großfürsten Wladimir gekennzeichnet sein. Die Annahme des orthodoxen Glaubens wurde zum Beginn einer neuen Epoche im Leben unseres Volkes. Das Licht der Wahrheit Christi, das seinerzeit auf den gesegneten Hügeln Kiews erstrahlte, erleuchtet auch heute die Herzen der Einwohner des historischen Russlands und leitet uns auf dem Wege der guten Werke.

Indem wir vom vergangenen Jahr Bilanz ziehen, richten wir unseren Dank an Gott für Seine großen und reichen Gnaden, auch für das Leid, das er uns zu ertragen zuließ. Im Verlauf ihrer gesamten Geschichte hat die Kirche keine Zeit längeren Wohlergehens gekannt: nach Zeiten des Friedens und der Beschaulichkeit kamen unbedingt Zeiten von Misslichkeiten und Prüfungen. Doch unter allen Umständen hat die Kirche mit Wort und Tat die Wahrheit Gottes verkündet, sie verkündet sie auch heute und zeugt davon, dass eine Gesellschaft, die auf Prinzipien des Erzeugens von Profit, moralischer Gleichgültigkeit, durch nichts beschränkter Freiheit, der Missachtung ewiger Wahrheiten und der Ablehnung von Autoritäten gegründet ist, moralisch krank ist und ihr viele Gefahren drohen.

Ich rufe alle zu der durch Gott gebotenen Geduld und zum Gebet für die Mutter Kirche, für das Volk Gottes und unser Heimatland auf. Gedenkt immer der Worte des Apostels der Heiden: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark! Alle eure Dinge lasset in der Liebe geschehen!“ (1 Kor. 16:13-14).

Während ich euch herzlich zum heutigen Fest gratuliere, bete ich zum Göttlichen Kind Christus für uns alle um geistliche und körperliche Kräfte, damit jeder von uns durch eigenes Beispiel der Welt davon zeugen könne, dass der heute geborene Herr jener ist, von dem es heißt: Gott ist Liebe (vgl. 1 Joh. 4:8). Amen.

+Kyrill,

Patriarch von Moskau und ganz Russland
Geburt Christi 2012 / 2013, Moskau

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Erstellt am 10.1.2013