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Erzpriester Alexej Tomjuk

Tod, Abschiednahme, Trauer
und sich Erinnern
im Zeichen des Glaubens
der Orthodoxen Kirche Russlands

Referat zum Offenen Abend des Hospiz Vereins im Ariowitsch-Haus in Leipzig, 28. Oktober 2010.

 

1. Was ist der Tod? Ohne das Leben wird es kein Tod geben.
2. Unser Leben, bis zum Tod - ist eine Vorbereitung zur Ewigkeit.
3. Auferstehung der Toten.
4. Was ist „das Leben der kommenden Welt”?
5. Begräbnis – Traditionen in der Orthodoxen Kirche Russlands.
6. Die Gedenkfeier in der Familie.
7. Das Gedenken.

 

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1. Was ist der Tod? Ohne das Leben wird es kein Tod geben.

Um zu verstehen, was für orthodoxe Christen der Tod bedeutet, muss man fragen: «Was für orthodoxe Christen das Leben bedeutet»?
Dann sollte man fragen: «Was bedeutet für orthodoxe Christen das Glück und das Leiden, die Gesundheit und die Krankheit, sowohl der Tod als auch die Auferstehung»?

Unsere Kirche hält unser irdisches, physisches Leben, die Krankheiten sowie Gesundheit des Körpers, ohne geistiges Leben nicht für absolut wertvoll.

Leib und Seele, die Gesundheit oder die Krankheit des Menschen, das Leiden oder die Freude – alles hat eine Bedeutung, alles ist ein Teil eines Vorhabens Gottes über den Menschen (1 Thes. 5. 23).
Deshalb, irdisches Leben eines Christen ist Streben zur Heiligkeit, die Befreiung von den Sünden; die Kräfte der Seele und der Fähigkeiten des Körpers, alles dient dem Endziel und der ewigen Bestimmung - Sohn Gottes zu werden, alles wird mit Hilfe der Gnade des Hl. Geistes verwandelt werden.

Der orthodoxe Christ ist ein Sohn Gottes, der geboren ist und lebt im Einvernehmen mit dem Willen des Hl. Vaters. Er glaubt, dass der Sinn seines Daseins, nicht zum Leben auf der Erde beschränkt wird, sondern sein Leben eine Vorbereitung zur Ewigkeit ist.

 

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2. Unser Leben, bis zum Tod - ist eine Vorbereitung zur Ewigkeit.

Unsere Kirche glaubt, wie es auch in der Hl. Bibel steht, dass das Leben die wertvollste Gabe Gottes ist, welche in Freiheit und Würde dem Menschen gegeben wurde, die berufen ist
„zum vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes, in Christus Jesus“ (Philip.3.14), und zur Vollkommenheit des Himmlischen Vaters (Mf. 5.48) und zu Vergöttlichung, das heißt zur Teilnahme an den göttlichen, ewigen Leben (2 Petr.1.4).

Der Mensch ist zum ewigen, zum vollkommenen Leben und der Glückseligkeit berufen. Es gibt den Gottesplan für den Menschen und für die ganze Menschheit.

Aber weil der Mensch frei geschaffen wurde, ist er ein Sohn und kein Sklave, er selbst wählt zwischen dem Guten oder dem Übel, dem ewigen Leben oder dem ewigen Tod.

Und die Kirche richtet nur, hilft ihm und ruft Jeden zum Zusammenleben und Zusammenwirken mit Gott, in der Ewigkeit auf.

 

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3. Auferstehung der Toten. „Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt“ (Glaubensbekenntnis der russisch-orthodoxen Kirche).

Was bedeuten die Worte: „Ich erwarte die Auferstehung der Toten, und das Leben der kommenden Welt?“

Unter der Auferstehung der Toten versteht die russisch-orthodoxe Kirche die Auferstehung der menschlichen Körper, denn ohne den Körper ist der Mensch kein voller Mensch. Obwohl die Seele unsterblich ist, kann sie ohne den Körper die Fülle des ewigen Lebens nicht bekommen.

Seit Christus Mensch geworden ist, ist auch der menschliche Körper ein Heiligtum und Tempel des Hl. Geistes geworden.

Die Auferstehung Christi von den Toten ist Mittelpunkt unseres Glaubens. Die Auferstehung ist die Bestätigung, dass auch wir mit Körper und Seele auferstehen werden.

Das Geheimnis der Unsterblichkeit des Menschen beweisen auch die Reliquien der Heiligen, dessen Körper unverweslich geblieben sind, und zwar nicht durch Einbalsamierung, sondern durch die Kraft Gottes. Deswegen sind die Reliquien wundertätig, denn in ihnen ist die wundertätige Kraft des Hl. Geistes anwesend.

 

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4. Was ist „das Leben der kommenden Welt”?

Am Tage des Jüngsten Gerichts wird dann die “das Geheimnis Gottes vollendet” (Offenbarung, 10,7). Also, sein Plan über den Menschen, über die ganze Schöpfung. Dann werden alle Guten und alles Gute das ewige Leben, die Seligkeit und das Himmlische Reich erben. Genauso wie alle Bösen und alles Böse - das ewige Urteil zur Hölle erben werden.

Das Paradies ist die Teilnahme am ewigen Leben der göttlichen Dreifaltigkeit, zusammen mit allen Heiligen, also, das wahre Leben – zu welchem alle Menschen berufen sind. Deshalb sprechen wir oft nicht „Er ist tot“, sondern sagen wir „Gott, der Herr, hat ihn zu Sich berufen“.

 

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5. Begräbnis – Traditionen in der Orthodoxen Kirche Russlands.

Wie wird die Schwerkranke Person von der Orthodoxen Kirche betreut, und zum Heimgang seelsorglich vorbereitet?

Wer wird nach der Begräbnistradition in der Orthodoxen Kirche Russlands begraben?

  1. Unter Russen versteht man hierzulande alle Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen: von Kaliningrad im Westrussland bis nach Kasachstan in Mittelasien (an der Ostgrenze Russlands).
    Es nicht selten, dass Menschen verschiedener Nationalität sich zum christlich-orthodoxen Glauben bekennen, und sie in der Kirche in Russland, Kasachstan, Ukraine usw. getauft worden sind. Deshalb wäre es Richtig, sich zu erkundigen, welche Glaubensrichtung der Verstorbene /seine Familie angehört.
  2. Es ist wichtig zu verstehen, dass der christlich-orthodoxe Glaube in mehreren Ländern Ost- und Südeuropa verbreitet ist. Man spricht vom orthodoxen Griechen, orthodoxen Rumänen, orthodoxen Serben usw.
    Alle diese Menschen verschiedener Nationalitäten dürfen, als getaufte orthodoxe Christen nach der Begräbnistradition in der Orthodoxen Kirche Russlands bestattet werden.
  3. Im Fall der unterschiedlichen Glaubenszugehörigkeit in der Familie wäre es sinnvoll, den Verstorbenen nach dem Ritus seines Glaubens zu bestatten.
  4. Der Ritus des christlich-orthodoxen Glaubens kann nicht mit den anderer Rituale „kombiniert“ werden: falls dies jedoch erwünscht ist, sollen beide Rituale (z.B. für Orthodoxe Christen, für Andersgläubige bzw. Atheisten) getrennt gefeiert werden, auch am selben Tag.

Wann darf das Ritual des orthodoxen Begräbnisses vollzogen werden?

  1. Der Abschied und die Beerdigung finden, gemäß der christlichen Tradition, am dritten Tag nach dem Tod statt. Gerade hierzulande, wo orthodoxe Christen und orthodoxe Geistliche etwas verstreut sind und manchmal weit voneinander leben, ist es wichtig, den Termin der Beerdigung möglichst sorgfältig zu organisieren.
  2. Der Termin der Beerdigung darf nicht auf einen wichtigen Kirchfeiertag, wie Ostern, Karfreitag, Christi Geburt fallen.
  3. Empfehlungswert wäre es, dass die Familie des Verstorbenen selbst den Termin der Beerdigung mit dem Geistlichen arrangiert.

Wer darf das Ritual des orthodoxen Begräbnisses vollziehen?

  1. Alle Gottesdienste in der Orthodoxen Kirche, darunter auch die Beerdigung, werden vom orthodoxen Geistlichen vollzogen.
  2. Da sich die Orthodoxen Nationalkirchen (z.B. von Griechenland, von Bulgarien, von Russland usw.) gegenseitig anerkennen, darf der griechisch-orthodoxe Priester für einen ukrainischen Verstorbenen den Gottesdienst feiern, oder umgekehrt.
  3. Es wäre nicht im Sinne des orthodoxen Begräbnisses, dafür einen Andersgläubigen Geistlichen zu engagieren. Falls zum Termin der Beerdigung kein orthodoxer Geistlicher gewonnen werden kann, soll die Beerdigung ohne religiöse Zeremonie stattfinden. Der orthodoxe Gottesdienst wird dann später an der Grabstelle oder im orthodoxen Gotteshaus von der Familie des Verstorbenen bestellt.

Wo wird das Ritual des orthodoxen Begräbnisses vollzogen?

Wie wird das Ritual des orthodoxen Begräbnisses hierzulande vollzogen?

  1. Der Abschied- oder Trauergottesdienst besteht normalerweise aus der hl. Liturgie und dem Gedenkgottesdienst. Jeder Gedenkgottesdienst dauert ca. 1 Stunde. Beides wird in einem Orthodoxen Gotteshaus gefeiert.
  2. Der Gottesdienst wird am offenen Sarg gefeiert.
  3. Da die hl. Liturgie nur unter bestimmten Voraussetzungen gefeiert werden darf, kommt es nicht selten vor, dass am Tag der Beerdigung nur der Gedenkgottesdienst für den Verstorbenen gefeiert wird.
    Die Liturgie, gemäß dem Wunsch und mit Beteiligung der Familie/Angehörigen, soll dann später gefeiert werden.
  4. Falls es nicht möglich ist, die hl. Liturgie und/oder den Trauergottesdienst in einem Orthodoxen Gotteshaus zu feiern, wird dieses in der Friedhofskapelle bzw. einer Trauerhalle stattfinden, und als Ausnahme – an der Grabstelle.
  5. Im Fall, wo der Trauergottesdienst nur in der Friedhofskapelle bzw. einer Trauerhalle stattfindet, ist zu beachten, dass der Gottesdienst vom Priester (und Gemeinde), gesungen wird. Musik wird nicht gespielt. Wünschenswert wäre es jedoch, wenn am Anfang bzw. am Ende der Andacht mit Glocken geläutet wird. Wo es möglich ist, darf der Raum entsprechend ausgestattet sein: mit brennenden Kerzen, Darstellung des hl. Kreuzes, Blumen usw.
    Es ist Tradition, dass der Priester und die Trauergemeinde brennende Kerzen in der Hand tragen. Auch werden Weihwasser und Weihrauch zum Gottesdienst verwendet.
  6. Nach dem Ende eines Trauergottesdienstes kommt die Predigt, danach der Abschied der Gemeinde vom Verstorbenen. Der Sarg wird geschlossen und zur Grabstelle getragen.
  7. An der Grabstelle werden einige Gebete gesprochen. Mit dem Schlussgebet bzw. Schlussgesang wird der Sarg ins Grab niedergelassen. Die Trauergemeinde verabschiedet sich vom Verstorbenen, indem vom Geistlichen und der Trauergemeinde Erde auf den Sarg geworfen wird.
  8. Feuerbestattungen haben in der russischen geistigen Kultur wenig Tradition. Eine Meinungsäußerung der Kirche gibt es dazu noch nicht, wohl aber Vorbehalte unter den Gläubigen und Geistlichen. Soll ein Verstorbener tatsächlich kremiert werden, so sind alle religiösen Rituale vor der Überführung ins Krematorium durchzuführen. Die Urne kann im Beisein eines russisch-orthodoxen Geistlichen dann beigesetzt werden.

 

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6. Die Gedenkfeier in der Familie.

Gleich nach der Beerdigung werden alle Trauergäste zur Gedenkfeier in der Familie eingeladen. Wenn die Familie reicher ist, wird ein Café oder eine Halle gemietet. Dort werden ein oder sogar mehrere Tische gedeckt. Oft sitzen beim Tisch nebeneinander nahe Verwandte, sowie die Leute, die einander zuvor nie gesehen haben. Verwandte aus entfernten Städten treffen sich manchmal nur bei Beerdigungen, und während der Gedenkfeier können sie deshalb erst miteinander sprechen.
Zu der Gedenkfeier wurden auch arme Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen. Sie werden bewirtet und behandelt genauso, wie enge Verwandte. An diesem Tag und danach verteilt man großzügig den Nachlass des Verstorbenen, Spenden und Almosen an Bedürftige.
Barmherzigkeit und gute Taten im Namen des Verstorbenen sind genauso wichtig, wie Gebete und das Trauern selbst.

 

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7. Das Gedenken.

Einige Male im Jahr, an den Tagen (sog. „Eltern-Samstage“, zum Fest des Roten Hügels usw.), ist man geradezu verpflichtet, die Kirchen und/oder den Friedhof zu besuchen. Diese Tage gelten im Volk als inoffizielle Gedenktage für die Verstorbenen. Tausende von Menschen kommen auf die Friedhöfe, säubern, pflanzen Blumen, legen gefärbte Ostereier auf die Gräber ...

Mit einer kirchlichen Andacht am Grab oder in der Kirche gedenken Familien ihrer Verstorbenen am 3., 9. und 40. Tag, und am Jahrestag (oder am Namenstag).

Auch zuhause, im täglichen Morgengebet für orth. Christen, befinden sich Sondergebete für Verstorbene.

Manche nehmen spezielle Gebetsformen noch dazu vor, oder nehmen besondere Wohltätigkeiten im Namen ihrer Verstorbenen auf.

Der Glaube und die Hoffnung für den Verstorbenen kommen sehr deutlich im Gebet des Priesters, am Ende der Liturgie (oder Eucharistie) zum Ausdruck.
„… Gedenke, oh Herr, auch aller, die in der Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben entschlafen sind.
Schenk ihnen die Ruhe dort, wo das Licht deines Angesichts leuchtet.’“

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Erstellt am 30.10.2010

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