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ORTHODOXE KATHECHESE

Herausgeber: Archimandrit Peterfalvi

Druck: Offsetdruckerei Stiller, 7141 Adlingen

München 1975

Internet - Version

Inhalt:

TEIL VI. Der Gottesdienst.

1. Die Gotteshäuser.
2. Der Altarraum und seine Einrichtung.
3. Die liturgischen Gefäße und Geräte.
4. Die gottesdienstlichen Bücher.
5. Die liturgischen Gewänder.
6. Die Gottesdienstordnung.

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Der Gottesdienst

Eine Liebe, die sich nicht äußert, hat keinen Wert. Was würden wir empfinden, wenn unsere Eltern, Geschwister und Schulfreunde uns zwar "innig liebten", aber mit keinem Wort und mit keiner Tat jemals ihre Liebe zeigten? Was hätten wir von ihnen, wenn sie sich nicht mit uns unterhalten würden, uns keine Geschenke machten, ja sich so benehmen würden, als ob sie uns gar nicht kannten? Wir freuen uns aber, wenn sie uns ihre Liebe bezeugen. Auch eine Mutter freut sich, wenn man ihr zum Muttertag ein Geschenk bringt.

Gott ist unser Vater. Er freut sich auch, wenn wir Ihm unsere Liebe bezeugen. Dies tun wir, indem wir Ihn in den Ihm geweihten Häusern loben, Ihm danken und Ihn anbeten. Wir bezeugen unsere Liebe zu Gott in den Kirchen auch durch Wandmalereien, Ikonen, Lichter und Blumen und durch das Singen von schönen Liedern. Wir feiern in seinem Namen Feste. Gott belohnt uns dafür mit innerer Freude. Solch eine Freude kennt kein Mensch, der sich am kirchlichen Leben nicht beteiligt.

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1. Die Gotteshäuser

Unsere Gotteshäuser sind meist in byzantinischem Stil gebaut. Aber das ist kein Gesetz. Man kann auch jedes saubere Gebäude zur Kirche gestalten, wie wir es heutzutage sehr oft sehen. Meistens sind die Kirchen in Ländern, in denen die orthodoxen Christen in der Minderheit sind, in Gebäuden eingerichtet, die früher Gotteshäuser anderer Konfessionen waren, also äußerlich nicht an die Kirchen in Ländern mit überwiegend orthodoxer Bevölkerung erinnern. Das Innere der Gotteshäuser soll aber nach bestimmten festgelegten Regeln eingerichtet werden.

Diese Regeln werden auch eingehalten, ob es sich nun um einen reich ausgestatteten oder einen ganz schlichten Raum handelt, in dem der Gottesdienst stattfinden soll. Wenn der Raum nicht nur für ein paar Stunden, sondern für längere Zeit von der Gemeinde zur Abhaltung des Gottesdienstes gemietet wird, soll er folgendermaßen aussehen: Er soll einen Vorraum, das Kirchenschiff und den Altarraum enthalten.

Der Vorraum oder "narthex" befindet sich gleich am Eingang. In Missionsländern halten sich dort die noch nicht getauften, die Katechumenen, auf, weil sie das Innere der Kirche vor der Taufe nicht betreten dürfen. In diesem Vorraum befindet sich gewöhnlich auch das Taufbecken. In unseren Ländern, in denen die Ungetauften nur Säuglinge oder Kleinkinder sind, gibt es auch Kirchen ohne Vorraum.

Das Kirchenschiff ist ein großer Raum, in dem sich die Gläubigen während des Gottesdienstes aufhalten. Er ist, meist durch Säulen, in drei Teile aufgeteilt. An den Seiten können sich Analogien (Pulte) mit Ikonen befinden. Auf einer Seite befindet sich ein großes Kruzifix und davor ein dunkel überzogener Tisch mit einem viereckigen Kerzenständer. Hier werden nicht-eucharistische Seelenämter vollzogen. Längs der Wände befinden sich Bänke oder Stühle für die älteren oder gebrechlichen Christen, die nicht während des ganzen Gottesdienstes stehen können. Ikonostase bei geöffneter königl. Pforte. im Altarraum der Thron (Altartisch).

Vorne befindet sich die Ikonostasis oder Bilderwand. Es ist eine Scheidewand oder ein Gitter mit drei Türen, an denen Ikonen angebracht sind. Den mittleren, größten Eingang nennt man Königliche oder Heilige Pforte, so genannt, weil durch sie der amtierende Priester mit dem Heiligen Sakrament in den Händen auf das Podium hinaustritt. Der Raum zwischen der Königlichen Pforte und dem Heiligen Thron (Altartisch) darf nur von Geistlichen, vom Diakon an aufwärts, betreten werden.

Rechts von der Königlichen Pforte befindet sich stets ein Bild des Heilands, links eines von der Gottesmutter. Hinter der Königlichen Pforte befindet sich stets ein Vorhang, der zu bestimmten Zeiten des Gottesdienstes und auch in der Zeit, während der kein Gottesdienst stattfindet, zugezogen ist. Während des Gottesdienstes versinnbildlicht der Altarraum das Himmelreich. Die Königliche Pforte ist meist mit kleineren Ikonen geschmückt.

Auf der Ikonostase, genau über der Königlichen Pforte» befindet sich ein Bild des Letzten Abendmahls. Auf den Seitentüren sind Engel dargestellt als Wächter des Heiligtums.

In den griechischen Gotteshäusern befindet sich auf der rechten (vom Kirchenschiff aus gesehen auf der linken) Seite der Bischofsthron, auf dem sich der amtierende Bischof während des Gottesdienstes zu gewissen Zeiten aufhält. Der Bischof gilt im Gottesdienst als Stellvertreter Christi. Gegenüber steht in manchen Ländern eine Kanzel. In anderen Ländern wird die Kanzel durch die Solea ersetzt. Dies ist ein Platz vor der Königlichen Pforte auf dem Podium des Altarraums. Von dort führen Stufen in das Kirchenschiff. Rechts und links auf dem Podium befinden sich je ein durch Gitter umfriedeter Sängerstand. Ebenfalls auf dem Podium befinden sich symmetrisch zwei Kerzenständer, mit je einem hohen Ölbrenner oder einer hohen Kerze in der Mitte. Vor den Sängerständen, im Kirchenschiff, stehen mit Brokat, Samt oder Leinen bezogene Pulte, auf denen Ikonen liegen. In der Mitte des Kirchenschiffs hängt von der Decke herab ein großer Kronleuchter.

Der Altarraum oder das Heiligtum soll gen Osten gewendet sein. Er soll höher als das Kirchenschiff stehen Hier dürfen sich nur die Geistlichen aufhalten. Es ist der heiligste Teil des Gotteshauses. Hier wird die Göttliche Liturgie (die Eucharistie) vollzogen.

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2. Der Altarraum und seine Einrichtung

Der Thron oder die Heilige Tafel befindet sich genau in der Mitte des Altarraums. Hier vollzieht sich die Heilige Wandlung, das Geheimnis des Abendmahls. Der Thron ist immer mit zwei Decken überzogen. Die untere ist weiß und stellt das Grablinnen Christi dar. Die obere ist aus Brokat oder einem anderen kostbaren Stoff. Für das Sakrament der Heiligen Eucharistie müssen auf dem Thron noch folgende Decken liegen: Das Iliton und das Antimension, auf dem die Grablegung Christi dargestellt ist. Darin sind auch Reliquien eingenäht.

Die ersten Christen feierten nämlich die Eucharistie über den Grabstätten der Märtyrer. Das Antimension ist ein Ersatz für die Märtyrergrabstätten. Antimension bedeutet Ersatztisch. Es soll unbedingt von einem Bischof geweiht werden, der diese Weihe durch das Aufdrücken eines Siegels bestätigt. Zur Feier der Liturgie wird auch das Aer benötigt. Es ist eine goldbestickte Decke aus kostbarem Stoff, die zum Zudecken der heiligen Gaben dient. Diese Decke stellt das Leichentuch dar, in das Joseph von Arimathia den Leichnam des Herrn eingewickelt hat.

Auf dem Thron liegen: Das Evangelienbuch und der Gabenbehälter, in dem die Heilige Eucharistie für die Schwerkranken aufbewahrt wird. Darin werden ebenfalls die vorgeweihten Heiligen Gaben für die Liturgie der Vorgeweihten Gaben bewahrt. Der Gabenträger, in dem die Heilige Eucharistie in die Häuser der Schwerkranken gebracht wird. Das Thronkreuz, das während des Gottesdienstes und bei der Beichte vom Priester den Gläubigen zur Verehrung gereicht wird. Mit ihm wird ebenfalls die Wasserweihe vollzogen. Der Heilige Thron und die auf ihm liegenden Gegenstände dürfen nur von Priestern berührt werden.

Links vom Thron steht ein Tisch, Vorlegetisch oder Opfertisch genannt. In manchen Ländern ist es eine in die Wand eingelassene Nische. Dort findet die Zubereitung und die Segnung des Brotes und des W eines vor der Feier der Göttlichen Liturgie statt. Oft wird über diesem Tisch die Geburt Christi in Bethlehem dargestellt. Jedenfalls soll der Opfertisch an die Geburt Christi erinnern. Auf der rechten Seite steht der Sakristeischrank, in dem die liturgischen Geräte und die Amtsgewänder der Geistlichkeit aufbewahrt werden. In einigen sehr alten Kathedralen sind hinter dem Thron Sitze für die mitfeiernden Bischöfe angebracht, auf denen sie während der Prophetien- und Psalmen - Lesungen Platz nehmen.

Auf dem Opfertisch liegen: Das heilige Potirion oder der Kelch; Der Diskos, auf den die Brotteilchen gelegt werden; Der Asteriskos (= der Stern) zum Zudecken der Brotteilchen; Der Kommunionslöffel; Der Schwamm oder ein sauberes Tuch zum Abwischen der Brotteilchen.

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3. Die liturgischen Gefäße und Geräte

Das Rauchfass. Es hängt an einer Kette. Damit wird während des Gottesdienstes zu bestimmten Zeiten Weihrauch verbreitet. Der duftende Rauch, der emporsteigt, versinnbildlicht die Gebete der heiligen und der frommen Christen, wie es auch im Buche der Offenbarung (5, 8) steht.

Der Myronbehälter, in dem das Myron für die Myronsalbung bewahrt wird. Lichtkörper und Kerzen vor den Ikonen sollen unsere Ehrung der darauf dargestellten Personen bezeugen. Sie versinnbildlichen auch das innige und beharrliche Gebet. Dieser Brauch war früher mit der Gepflogenheit verbunden, im Gebet zu bleiben, solange die Kerze brannte. Außerdem ist heute die Kerze eine Spende zur Erhaltung des Gotteshauses und ein Beitrag zu seinem Schmuck.

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4. Die gottesdienstlichen Bücher

Diese sind: Das Evangelienbuch. Im Laufe mehrerer Gottesdienste verehren die Gläubigen das Evangelienbuch, indem sie sich vor ihm verneigen und es küssen. Damit bekennen sie sich vorbehaltlos zu allem, was in diesen geheiligten Büchern steht. In unseren Tagen ist diese Geste besonders wichtig und nötig. Sie ist wie ein Treueeid. Wir bekennen uns damit vorbehaltlos, also ohne "Wenn" und "Aber" zu dem Wort Gottes, wie es uns die Apostel im Auftrag des Herrn aufgeschrieben haben.

Das Apostelbuch. Es enthält die Apostelgeschichte und die Apostelbriefe.

Das Menologion (Zwölfmonatsbuch). Es enthält die gottesdienstlichen Gebete, eingeteilt nach Kalendertagen.

Der gottesdienstliche Psalter, Er enthält die Psalmen, eingeteilt in 20 Abteilungen, Kathismen genannt; zu jeder Kathisme gehören zusätzliche Gebete.

Das Oktoichos (Buch der acht Töne). Es enthält verschiedene Lesungen und Gebete für die Sonntage und Samstagabende, eingeteilt nach den "Acht Tönen" der Psalmodie. An jedem

Sonntag wird einer dieser acht Töne gelesen. Jedem Ton sind zusätzlich Lieder- und Gebetstexte zugeordnet.

Das Fastentriodion mit Liedern und Gebeten für die Zeit vom Sonntag des Zöllners und des Pharisäers bis einschließlich zum Karsamstag.

Das Pentekostarion mit Liedern und Gebeten für die 50 Tage der Osterzeit vom Ostersonntag bis zum Sonntag Allerheiligen (dem Sonntag nach Pfingsten).

Das Liturgikon. Es enthält die Ordnung und die Texte der Göttlichen Liturgien von Johannes Chrysostomos, von Basilius dem Großen und die Liturgie der Vorgeweihten Gaben.

Das Stundengebetsbuch, eingeteilt nach Gebetsstunden oder Horen; es enthält auch Canones.

Das Typikon enthält alle Vorschriften» die den Vollzug der Gottesdienste betreffen.

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5. Die liturgischen Gewänder.

Die feierlichen Gewänder gelten der Ehre Gottes. Sie werden von den amtierenden Geistlichen nur im Gotteshaus und nur während der Gottesdienste getragen. Sie sind in verschiedenen Ländern verschieden zugeschnitten. Auch die Tracht der Geistlichkeit, außer der Gottesdienstzeit ist in verschiedenen Ländern verschieden. Gleich sind in allen Ländern die folgenden Gewänder und Amtszeichen:

Gewänder des Bischofs:
Das Hauptzeichen der Bischofswürde ist das Omophorion, ein Schultergewand. Außerdem: Der Sakkos, ein kürzeres Amtsgewand als das des Priesters, die Mandya, ein vorne offener breiter Umhang, den der Bischof bei verschiedenen Gottesdiensten (nicht aber während der Göttlichen Liturgie) trägt. Der Hirtenstab, der auf das Hirtenamt des Bischofs hindeutet.

Gewänder des Priesters:
Die Pheloni, ein ärmelloser Umhang (Obergewand). Bei jeder Amtsverrichtung trägt der Priester das Epitrachilion (oder: Stola), deren Enden vorn zusammengenäht sind. Das ist das äußere Zeichen der Priesterwürde. Für bestimmte Amtshandlungen, zum Beispiel beim Abhören der Beichte, bei der Erteilung der Kommunion am Krankenbett und beim Lesen der Morgengebete während der Sechspsalmenlesung genügt für den Priester das Anlegen des Epitrachilions.

Gewänder des Diakons:
Das äußere Zeichen der Diakonswürde ist das Orarion, ein langes mit Stickereien versehenes Band aus Brokat oder festem Leinen. Statt der Pheloni trägt der Diakon ein Sticharion, ein mit Ärmeln versehenes Gewand. Die Geistlichen aller drei Stufen tragen außerdem beim Gottesdienst Ärmelhalter, eine Art Manschetten, um nicht durch die breiten Ärmel in ihren Bewegungen gehindert zu werden.

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6. Die Gottesdienstordnung.

Die Eucharistische (oder: Göttliche) Liturgie.

Schon in der Apostelzeit wurde eine Ordnung für die Gottesdienste geschahen. Als erster schrieb der Apostel Jakobus eine Gottesdienstordnung. Diese führten die Gemeinden ein. Sie wurde im 4. Jahrhundert durch die etwas kürzere Ordnung der Göttlichen Liturgie von hl. Basilius dem Großen ersetzt. Diese Liturgie wird in unserer Zeit zehnmal im Jahr gefeiert und zwar.

An den fünf ersten Sonntagen der Großen Fastenzeit
Am Großen Donnerstag (Gründonnerstag)
Am Großen Samstag (Karsamstag)
Am Vorabend des Epiphaniasfestes
Am hl.- Basilius- Fest (1. Januar).

Nach dem hl. Basilius schrieb der hl. Johannes Chrysostomos eine noch kürzere Gottesdienstordnung für die Göttliche Liturgie. Diese wurde schließlich für die gesamte Orthodoxe Kirche angenommen und kanonisiert (= zur Vorschrift gemacht). Sie wird überall, das ganze Jahr hindurch (außer in den oben erwähnten Tagen) gefeiert.

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben

Während der Großen Fastenzeit, jeweils am Mittwoch und Freitag sowie an den drei ersten Tagen der Karwoche, wird statt der Eucharistie die Liturgie der Vorgeweihten Gaben gefeiert. Da diese Tage Buß- und Trauertage sind, kann in dieser Zeit ein so freudevoller Gottesdienst wie die Göttliche Liturgie nicht abgehalten werden. Deshalb wird an diesen Tagen ein Gottesdienst gefeiert, an dem keine Wandlung stattfindet. Die Gläubigen kommunizieren mit den heiligen Gaben, die bei der vorhergehenden Eucharistie - Liturgie gewandelt wurden. Es ist ein ernster, feierlicher, aber auch sehr schöner Gottesdienst, der den Teilnehmer besonders tief beeindruckt.

Die regelmäßigen Gottesdienste

Außer der Göttlichen Liturgie werden das ganze Jahr hindurch in allen orthodoxen Klöstern und auch in manchen Pfarrkirchen folgende Gottesdienste gefeiert :

1. Die vier Gebetsstunden (Horen):
a) Die erste Stunde, die gegen 7 Uhr früh gebetet wird:
b) die dritte Stunde, die gegen 9 Uhr früh gebetet wird;
c) die sechste Stunde, die gegen 12 Uhr mittags gebetet wird;
d) die neunte Stunde, die gegen 15 Uhr gebetet wird.

2. Das Abendamt oder die Vesper am späten Nachmittag;

3. Das Spätabendamt als Gebet vor der Nachtruhe;

4. Das Mitternachtsamt im Gedenken an das nächtliche Gebet Christi und an seine Wiederkunft zum Gericht;

5. Das Morgenamt, das bei Sonnenaufgang stattfinden soll. In manchen Ländern wird es unmittelbar vor der Göttlichen Liturgie gefeiert, in anderen am Samstag nach dem Abendamt;

6. Die Heilige Eucharistie oder Göttliche Liturgie.
Sie ist der wichtigste Gottesdienst der orthodoxen Kirche, weil bei dieser kirchlichen Handlung Brot und Wein zum Leib und Blut Christi durch die Kraft und die Gnade des Heiligen Geistes verwandelt werden.

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