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ehrw. Germanos von Alaska

9. August

Hl. German von Alaska († 1837).

Ähnlich den Sternen, die den irdischen Himmel erleuchten, so dass wir uns in der Dunkelheit der Nacht zu orientieren vermögen, erleuchten den geistigen Himmel unserer Kirche viele Heilige. Zu ihnen gehört der Starez German von Alaska, der in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts lebte und am 9.August 1970 durch die Autokephale Orthodoxe Kirche von Amerika kanonisiert wurde.
Sein Einsatz für das Volk, das er wie Kinder liebte, und gegen unwürdige Behörden schützte, blieb nicht ohne Folgen; man verleumdete ihn und verlangte seine Abberufung. Nur Gott allein behütete ihn vor den Folgen der Angriffe. Seine Selbstlosigkeit zeigte sich besonders während einer Seuche. Es gab weder Medikamente noch Ärzte. Die Erkrankten starben innerhalb von drei Tagen. Den ganzen Monat über, solange diese schlimme Krankheit dauerte, ging Vater German zu den Kranken, die in großen Schuppen lagerten. Lebende und Sterbende lagen bis zu Hundert auf dem Fußboden. Er half, tröstete, rief zum Gebet und zur Buße.
In einem Waisenhaus, das er errichtet hatte, lehrte er selbst Religion und Kirchengesang. Sonn- und Feiertags versammelte er die Einwohner in der Kirche zum Gottesdienst. In seiner Bescheidenheit hatte er jedoch auf die angebotene Erhebung zum Mönchspriester und Archimandriten verzichtet. So war und blieb er ohne offizielle Rangbezeichnung der Vater der Armen und Vernachlässigten einer Nation, zu der ihn Gott gesandt hatte.
Seine lichte Erscheinung wirkte unwiderstehlich auf alle, die ihm begegneten; das waren zumeist Seeleute. Einer von ihnen berichtet: "Ich war dreißig Jahre alt, als mir Vater German begegnete. Im Marinekorps erzogen, kannte ich mich auf vielen Gebieten aus, hatte viel gelesen; doch die Wissenschaft der Wissenschaft, die Religion, verstand ich leider kaum oberflächlich, und auch das nur theoretisch, ohne sie im Leben anzuwenden; ich war nur dem Namen nach Christ. Ich hatte Werke Voltaires und anderer Philosophen des 18. Jahrhunderts gelesen und erkannte die Göttlichkeit und Heiligkeit unserer Religion nicht an. Vater German fiel das gleich auf, und er begann mit mir ein Gespräch. Zu meiner Verwunderung sprach er so stark und klug, argumentierte so überzeugend, dass es mir schwer fiel, dagegen anzukommen. Die Rede floss unversiegbar von seinen Lippen. Durch die Gebete und Gespräche des Starzen führte mich der Herr auf den Weg der Wahrheit. Dafür bin ich Vater German verpflichtet, er ist mein geistiger Vater."
Das heilige Leben ließ Vater German Ungewöhnliches erlangen. Die Liebe zu den Tieren befähigte ihn, das scheue Hermelin und den wilden Bären aus der Hand zu füttern. Sein Gebet vermochte dem Feuer und der Überschwemmung Einhalt zu gebieten, und sein reines Herz ließ ihn die Zukunft schauen.
Als sein Ende nahte, hieß er seinen Schülern, Kerzen vor den Ikonen zu entzünden und die Apostelgeschichte zu lesen. Sein Gesicht erstrahlte, und die Zelle füllte sich mit Wohlgeruch. An dem Abend sah man ab verschiedenen Stellen der Insel eine lichte Säule zum Himmel aufragen. Erst später erfuhr man, dass zu dieser Stunde der Starez, 76-jährig, zum Herrn einging. Es war im Herbst des Jahres 1836.